BVKJ-Kongress: Jod- und Fluoridprophylaxe für Säuglinge und Kinder weiterhin wichtig

Experten erheben Status Quo der Jodversorgung von Kindern

Frankfurt am Main, 15. Oktober 2008 (akj/ifk) – Aktuelle Studienergebnisse zur Jodprophylaxe von Kindern zeigen, dass trotz Präventionsmaßnahmen noch mehr als ein Viertel der Kinder in Deutschland täglich weniger Jod als empfohlen zu sich nimmt. Entsprechend der Ergebnisse der KiGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts weisen mehr als ein Viertel der Kinder bereits vergrößerte Schilddrüsen auf. Zwar brachten die letzten 17 Jahre durch den Einsatz von jodiertem Speisesalz in der Lebensmittelindustrie sowie bei Bäckern und Fleischern eine Verbesserung des Versorgungsstatus mit sich, jedoch muss die Jodprophylaxe ab dem Säuglingsalter weiter verbessert werden. Darauf verweisen Michael Thamm vom Robert-Koch-Institut, Berlin, sowie Dr. Ute Alexy vom Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund, anlässlich des 36. Herbst-Seminar-Kongresses des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) am 12. Oktober in Bad Orb. Ab Zahndurchbruch ist darüber hinaus eine Fluoridprophylaxe zur Vermeidung der Zahnkaries erforderlich. Diese erfolgt idealerweise durch die Kombination von fluoridhaltiger Zahnpasta mit fluoridiertem Speisesalz, wie Professor Dr. Andreas Schulte, Leiter des Bereichs Kinderzahnheilkunde der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde, Heidelberg, erklärt.

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Ein bereits im Säuglings- und Kindesalter bestehender Jodmangel äußert sich nicht nur in Veränderungen der Schilddrüse, sondern auch in Störungen der vielfältigen Stoffwechsel- und Wachstumsprozesse, in die die Schilddrüsenhormone eingreifen. Ein Jodmangel kann bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern zu einer Vergrößerung der Schilddrüse (Struma) führen, vor allem aber auch zu Störungen des Längenwachstums, zu Hördefekten, Lern- und Konzentrationsproblemen sowie zu irreversiblen intellektuellen Defiziten.

Aus diesem Grund empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur nachhaltigen Bekämpfung des weltweiten Jodmangels, Speisesalz zu verwenden, das mit dem essentiellen Nährstoff Jod angereichert ist. Denn aufgrund der Ernährungsgewohnheiten bzw. der Jodgehalte in Böden und Trinkwässern wird eine bedarfsgerechte Jodzufuhr in der Bevölkerung nicht erreicht. In Deutschland ist seit 1989 Jodsalz Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs, die Verwendung ist freiwillig. Seit 1991 darf Jodsalz auch für die Herstellung von Wurst, Fleischwaren und Käse eingesetzt werden. Zeitgleich wurde die Anreicherung von Säuglingsmilch und Säuglingsbreinahrung mit Jod zum Teil gesetzlich vorgeschrieben.

Jodversorgung im ersten Lebensjahr

Dr. Ute Alexy vom Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund verweist in diesem Zusammenhang auf die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Jodzufuhrmengen für Säuglinge im ersten Lebensjahr. Diese liegen in den ersten vier Lebensmonaten bei 40 µg pro Tag. Der Säugling wird mit industrieller Säuglingsmilchnahrung und prinzipiell auch über die Muttermilch ausreichend mit Jod versorgt. Voraussetzung für eine gute Jodversorgung des gestillten Säuglings ist jedoch, dass die Mutter selbst ausreichend mit Jod versorgt ist. Dies erfordert bei üblichen Ernährungsgewohnheiten nicht nur die Verwendung von jodiertem Speisesalz, sondern auch eine Supplementierung von Jod in Tablettenform (100 bis 150 µg/Tag).

Ab dem vierten Monat bis zum vollendeten zwölften Monat soll der Säugling nach der DGE-Empfehlung 80 µg Jod pro Tag aufnehmen. Dies ist auch die Zeit, in der das Baby durch Einführung der Beikost schrittweise an die Familienkost herangeführt wird. Eine aktuelle, vom Forschungsinstitut für Kinderernährung durchgeführte Markterhebung im Herbst 2008 zeigt, dass von 305 untersuchten Säuglingsmilchnahrungen und Beikostprodukten 64 Prozent Jodzusätze enthalten: Alle untersuchten Säuglingsanfangs- und Folgenahrungen sind mit Jod angereichert. Bei den Beikostprodukten schwanken die Anreicherungsmengen innerhalb der einzelnen Produktgruppen. Hierzu zählen Menüs mit Fleisch, Menüs mit Fisch, sowie Milch-Getreide- und Getreide-Obst-Breie. Bei den Fleisch- und Fischmenüs sind 38 Prozent mit Jod versehen. Hingegen enthalten nur 13 Prozent der Getreide-Obst-Breie Jod.

Wird die Beikost ausschließlich selbst hergestellt, liefern die drei täglichen Breimahlzeiten insgesamt lediglich 26 µg Jod. In Kombination mit einer Portion Muttermilch (220 g), die der Säugling in dieser Zeit normalerweise noch erhält, sind es 46 µg. Diese Aufnahme entspricht nur rund 58 Prozent des Referenzwertes von 80 µg Jod pro Tag und ist mit einem deutlichen Risiko einer Unterversorgung verbunden. Allein der Milch-Getreide-Brei enthält ausreichende Mengen an Jod, wenn er mit Vollmilch hergestellt wird. So fordert Alexy, dass zur Vermeidung eines Jodmangels auch mit Jod angereicherte Getreideflocken (ohne weitere Zutaten wie Zucker oder Aromastoffe) für Säuglinge auf dem Markt angeboten werden.

KiGGS- und DONALD-Studie zur Jodversorgung von Kindern und Jugendlichen

Im Rahmen der repräsentativen „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS-Studie) des Robert Koch-Instituts wurden von Mai 2003 bis Mai 2006 erstmals auch Daten zur Jodversorgung von 0 bis 17 Jahre alten Kindern- und Jugendlichen erhoben, erklärt Michael Thamm vom Robert-Koch-Institut. Dabei erfolgten eine sonografische Messung des Schilddrüsen-Volumens sowie Analysen von Schilddrüsenhormonen im Blut und der Jodausscheidung im Urin (Jodurie). Das Ergebnis zeigt, dass in Deutschland weiterhin Präventionsbedarf bei der nachwachsenden Generation besteht. So beträgt der Median der Jodurie von über 17.000 Kindern und Jugendlichen zwar 117 µg pro Liter und liegt damit im unteren des von der WHO empfohlenen Bereichs von 100 bis 200 µg pro Liter. Bei der genaueren Analyse hat sich jedoch gezeigt, dass 40 Prozent der ermittelten Werte unter 100 µg pro Liter und 17 Prozent sogar unter 50 µg pro Liter liegen. Bei 36 Prozent der untersuchten Kinder- und Jugendlichen konnte bereits eine, wenn zum Teil auch nur geringe, Vergrößerung der Schilddrüse festgestellt werden.

Diese Studienergebnisse zeigen, dass noch nicht für alle Kinder und Jugendliche eine ausreichende Jodversorgung erreicht ist. Deshalb sind der nachhaltige Ausgleich des Jodmangels in der Nahrung und damit auch die Verwendung von jodiertem Speisesalz im Haushalt in Zukunft weiterhin bedeutend.

Im Rahmen der DONALD-Studie (Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study) hat das Forschungsinstitut für Kinderernährung exemplarisch bei 6 bis 12jährigen Jungen und Mädchen untersucht, wie sich die Jodversorgung zwischen 1996 und 2006 in Deutschland verändert hat. In 1.390 jeweils über 24 Stunden gesammelten Urinen wurde die tatsächliche Jodtagesausscheidung ermittelt. Zwischen 1996 und 2003 wurde eine deutliche Verbesserung festgestellt. Ab 2004 veränderte sich die Jodversorgung jedoch nicht mehr. Parallele Messungen der Kochsalzausscheidung ergaben einen ebenfalls stagnierenden Beitrag des jodierten Speisesalzes an der Gesamtjodversorgung. Dies zeigt, wie wichtig eine Steigerung des Anteils von Jodsalz an der Gesamtsalzverwendung in Lebensmittelhandwerk und Lebensmittelindustrie für die notwendige weitere Verbesserung der Jodversorgung ist. Weiterführende Untersuchungen in der DONALD-Studie ergaben, dass neben Jodsalz und Meeresfisch vor allem die Milch ein wichtiger Jodlieferant für Kinder ist. In den letzten Jahren wurden durch eine konsequentere Jodanreicherung von Futtermitteln höhere Jodgehalte in Milch erreicht, so dass diese im Mittel rund 80 µg Jod pro Liter enthält.

Fluorid für gesunde Zähne

Dass auch das Spurenelement Fluorid für Kinder ab dem Zahndurchbruch bedeutend ist, zeigt Professor Dr. Andreas Schulte von der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde, Heidelberg. So hemmt Fluorid die Demineralisation der Zähne und fördert deren Remineralisation. Studien belegen, dass neben der Zahnpflege mit fluoridhaltiger Zahnpasta und regelmäßigen zahnärztlichen Kontrollen, die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz zur Kariesprophylaxe beitragen kann. Dabei ist das Salz eine gute und kostengünstige Trägersubstanz. Werden Nahrungsmittel mit fluoridhaltigem Speisesalz zubereitet, erhöht sich die Fluoridkonzentration im Speichel nach deren Verzehr. Diese lokale Wirkung in der Mundhöhle hält bis zu 30 Minuten an, erklärt Schulte. Deshalb empfehlen mittlerweile viele zahnmedizinischen Verbände und wissenschaftlichen Gesellschaften auf den Gebieten der Zahnmedizin, der Kinderheilkunde und der Ernährungswissenschaft die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz im Haushalt.

Mehr Informationen und kostenloses Informationsmaterial erhalten Fachkräfte und Verbraucher im Internet unter www.jodmangel.de/ und www.kariesvorbeugung.de.

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Quellen:

[1] Symposium "Wissens-Update: Prophylaxe mit Jod und Fluorid", 36. Herbst-Seminar-Kongress, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) e.V., 12. bis 17.10.2008, Bad Orb

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