Bessere Jodversorgung bei Schülern stimmt hoffnungsvoll

Kinder sind bereits gut versorgt - Jugendliche und Erwachsen bleiben weiterhin "Sorgenkinder"

Deutschland ist auf dem Weg, das Jodmangelproblem in den Griff zu bekommen. Es wird jedoch noch fast eine Generation dauern, bis die Gesamtbevölkerung ausreichend mit Jod versorgt ist, sofern die ergriffenen Maßnahmen konsequent beibehalten werden. Derzeit machen sich die Verbesserungen bei der Jodversorgung vor allem bei Schülern bemerkbar, wie regionale Studien nachweisen. Schulkinder haben heute erheblich seltener durch Jodmangel bedingte vergrößerte Schilddrüsen als noch vor zehn Jahren, so Professor Peter C. Scriba von der Universitätsklinik München bei einer Pressekonferenz des Arbeitskreises Jodmangel in Hamburg. Dies gelte allerdings nicht für Kinder von sozial schwachen Eltern oder mit niedrigerer Bildung, da diese durchweg schlechter mit Jod versorgt sind als Kinder aus Familien mit höherem sozioökonomischem Status.

Erwachsene dagegen haben die Folgen des Jodmangels als „Erblast“ meist bis an ihr Lebensende zu tragen, so Scriba. Deutlich wird dies durch die bundesweite Papillon-Studie unter knapp 100.000 Erwerbstätigen. Dabei wurden bei etwa einem Drittel der Untersuchten krankhafte Schilddrüsenveränderungen im Sinne einer vergrößerten Schilddrüse und/oder Knoten festgestellt. Diese Erkrankungen erfordern zumeist eine lebenslange Behandlung. Kein Wunder deshalb, dass ca. zehn Prozent der Bevölkerung regelmäßig Schilddrüsenmedikamente einnehmen, sich etwa 60.000 Bundesbürger jährlich einer Radio-Jod-Therapie unterziehen und ca. 100.000 Deutsche pro Jahr an der Schilddrüse operiert werden müssen. Für das Gesundheitswesen entstehen dadurch jährliche Kosten von über einer Milliarde Euro.

Die erfreuliche Entwicklung bei den Schülern darf deshalb nicht zu dem Fehlschluss verleiten, dass der Jodmangel in Deutschland behoben sei, zumal etwa 27 Prozent der 6- bis 12-Jährigen nach wie vor unzureichend mit Jod versorgt sind. Professor Helmut Willgerodt von der Universitätskinderklinik Leipzig schließt daraus, dass in den Haushalten dieser Betroffenen kein Jodsalz verwendet und auch beim Einkauf von Lebensmitteln nicht darauf geachtet wird, ob diese mit Jodsalz hergestellt sind. Dass Jugendliche im Pubertätsalter bereits wieder schlechter mit Jod versorgt sind als Schüler führt der Kinderarzt darauf zurück, dass in der Pubertät der Jodbedarf erhöht ist, auf eine gute Jodversorgung aber nicht mehr so geachtet wird. Hinzu kommt, dass in dieser Zeit auch häufig Fastfood verzehrt wird, bei deren Herstellung in der Regel kein Jodsalz verwendet wird.

Andererseits warnt Willgerodt aber auch vor einer unkoordinierten und unkontrollierten Jodaufnahme insbesondere bei Schwangeren, um überhöhte Jodausscheidungswerte im Urin bei Neugeborenen zu vermeiden. Diese können beispielsweise dann zustande kommen, wenn Jod gleichzeitig über die Nahrung, über Jodsalz, Jodtabletten, jodhaltige Nahrungsergänzungsmittel oder über Algenprodukte aufgenommen wird. Eine solche Doppel- oder Mehrfachzufuhr von Jod sollte deshalb vermieden werden.

Derartige Fälle seien bisher jedoch nur ganz vereinzelt aufgetreten, wie der Hamburger Frauenarzt Professor Heinz G. Bohnet ausdrücklich betont. Vielmehr ist der Großteil der Schwangeren und auch Stillenden, die beide einen erhöhten Jodbedarf haben, nach wie vor nicht ausreichend mit Jod versorgt. Einer in Hamburg durchgeführten Untersuchung zufolge nimmt nur etwa ein Viertel aller Schwangeren regelmäßig und ein weiteres Viertel unregelmäßig zusätzlich Jod in Tablettenform ein.

Dabei können die Folgen einer Jodunterversorgung in der Schwangerschaft gravierend sein und sowohl zu einer Kropfbildung und einer Schilddrüsenunterfunktion bei der Mutter als auch zu bereits vergrößerten Schilddrüsen beim Neugeborenen führen. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion können beim Neugeborenen sogar geistige und körperliche Entwicklungsstörungen und als Folge davon eine Minderung der Intelligenz auftreten. Genauso wichtig ist eine gute Jodversorgung aber auch während der Stillzeit, um den Säugling ausreichend mit Jod zu versorgen. Als die am besten zu kontrollierende zusätzliche Jodzufuhr während Schwangerschaft und Stillzeit empfiehlt Professor Bohnet deshalb die Einnahme von Jodtabletten. Diese sollten Schwangere und Stillende gegebenenfalls auf eigene Kosten kaufen.

Die für alle Bevölkerungsteile wichtige Grundversorgung mit Jod über die Nahrung lässt sich nach Professor Gerhard Jahreis vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Jena am sichersten über den regelmäßigen Verzehr von Seefisch, Milch und Milchprodukten sowie die konsequente Verwendung von Jodsalz sicherzustellen. Obwohl Seefisch nach wie vor die beste Jodquelle ist, wird mit zwei Seefischmahlzeiten pro Woche nur ein Siebtel der empfohlenen Zufuhrmenge aufgenommen. Da Seefisch von vielen aber weitaus seltener oder gar nicht gegessen wird, gewinnen Milch und Milchprodukte als Jodlieferanten immer größere Bedeutung. Mehr als ein Drittel des mit der Nahrung aufgenommenen Jods stammen bereits heute aus Milch und Milchprodukten. Allerdings ist der Jodgehalt der Milch in starkem Maße abhängig von der Jodversorgung der Tiere.

Den wichtigsten Beitrag zur Jodversorgung liefert nach wie vor Jodsalz, das im Privathaushalt ebenso verwendet werden sollte wie in der Gemeinschaftsverpflegung, bei Bäckern und Fleischern sowie in der Lebensmittelindustrie. Nur mit Jodsalz kann die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene ergänzende Jodzufuhr in Jodmangelgebieten wie Deutschland sichergestellt werden, so Jahreis. Von einem direkten Zusatz von Jod zu diversen Lebensmitteln außer Speisesalz rät der Experte dagegen ab.

Gegenwärtig verwenden etwa 84 Prozent aller Haushalte Jodsalz oder Jodsalz mit Fluorid. Auch die Köche in Kantinen, Mensen und Gaststätten greifen bevorzugt zu Jodsalz, ebenso Bäcker und Fleischer. Lediglich in der Lebensmittelindustrie wird noch zu wenig Jodsalz eingesetzt. Hier beträgt der Anteil erst 35 Prozent. Angestrebt werden sollte jedoch ein Anteil von mindestens 70 Prozent.

– AKJ –
Groß-Gerau, 11. Oktober 2005

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